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Projekt 1.8

Insights into metallurgical processes by means of experimental investigations and thermodynamic studies

Einleitung

Schlacken spielen bei der Eisen- und Stahlerzeugung eine wesentliche Rolle. Verschiedene Flussmittel, wie z. B. kalzium- und magnesiumhaltige Materialien, werden verwendet, um eine basische Schlacke zu erzeugen und die Raffination von z. B. Roheisen im Konverter zu fördern. Beispielsweise werden Flussmittel auf MgO-Basis zugesetzt, um den Verschleiß der feuerfesten Materialien zu verringern, da eine mit MgO gesättigte Schlacke den chemischen Angriff auf metallurgische Aggregate verringern kann. Neben Konverterschlacke ist das Auflösungsverhalten von Zusatzstoffen auch in EAF-Schlacke, sekundärmetallurgischen Schlacken aus dem Pfannenofen oder Schlacken aus einem Smelter von großer Bedeutung und liefert wichtige Informationen zur Prozesseffizienz sowie Produktqualität.

Polyvalente Elemente, wie z. B. Eisen, kommen in geschmolzenen Schlacken in mindestens zwei verschiedenen Oxidationszuständen vor. Zu den Eigenschaften von Schmelzen, die von mehrwertigen Ionen beeinflusst werden, gehören Viskosität, Oberflächenspannung oder die Kinetik der Keimbildung. Der Zustand eines mehrwertigen Elements, z. B. der Eisengehalt in der Schmelzphase, kann durch ihr Redoxverhältnis quantifiziert werden. Elektrochemische Sensoren, wie z. B. das voltametrische Sensorkonzept, können eine entscheidende Rolle bei der Bewertung des Redoxverhältnisses spielen, um das Zusammenspiel des thermodynamischen, des rheologischen und des elektrochemischen Schlackenverhaltens veranschaulichen.

Ein Schlackenparameter, der relevant ist für eine Effizienz metallurgischer Prozesse, ist die Viskosität. Eine angemessene Viskosität führt z. B. zu gut verlaufenden Abstichprozessen, effizienterer Roheisenentschwefelung, guter Dispersion nichtmetallischer Einschlüsse und zu mäßiger Feuerfestkorrosion. Daher sind Viskositätsmessungen von primären und sekundären Stahlwerksschlacken wichtig. Im Rahmen des Projekts wird ein modifiziertes Rheometer mit eine gasdichten Messkammer eingesetzt. Dieses Rheometer dient dazu, die Viskosität verschiedener primärer und sekundärer metallurgischer Schlacken, von Roheisen, geschmolzenem Schrott und Stahl in Abhängigkeit von der Temperatur zu messen. Das Projekt kann dazu beitragen, Schlackensysteme in Produktionsprozessen zu optimieren. Zusätzlich können aber auch andere Projekte mit Viskositätsdaten unterstützt werden, insbesondere solche, die sich mit fluiddynamischen Simulationen befassen (Link zu Bereich 3 "Simulation and Data Analyses").

Ziele und Motivation

  • Erkenntnisse über den Einsatz alternativer sekundärer Schlackenbildner, die Kalzium, Aluminium, Eisen, Magnesium oder Silizium enthalten
  • Vertiefung der Kenntnisse über die geschwindigkeitsbestimmenden Prozesse bei der Auflösung von Feststoffpartikeln (z. B. sekundäre Schlackenbildner) in Schlacken (z. B. Pfannen-, Konverter- EAF- oder Smelter-Schlacke)
  • Veranschaulichung des Zusammenspiels zwischen thermodynamischen, rheologischen und elektrochemischen Aktivitätsfeldern mit Schwerpunkt auf der Kontrolle der Schlackenbeschichtung im Konverter sowie auf Schaumbildungsmechanismen beim EAF
  • Messverfahren zur schnellen Erfassung von elektrischen Leitfähigkeitsdaten in eisenoxidhaltigen Schmelzen
  • Aufrüstung eines Rheometers mit einer gasdichten Kammer zur Messung der Viskosität von Pfannen- und EAF-Schlacke sowie von Schlacke aus der H2-Plasm-Schmelzreduktion (Verbindung zu Projekt 2.1 „Continuous HPSR process development“ aus Area 2 „Decarbonisation and Sector Coupling“)
  • Quantifizierung der Anwendbarkeit des modifizierten Rheometers zur Messung der Viskosität von Roheisen, geschmolzenem Schrott und Stahl in Abhängigkeit von der Temperatur

Vorgehensweise

  • Thermodynamische Berechnungen mit FactSage® zur Berechnung der Schmelzpunkte von Schlacken und zur Vorhersage der Bildung verschiedener Phasen während des Auflösungsprozesses
  • Screening und Auswahl von Ca-, Al-, Fe-, Mg- und Si-haltigen Rückstandsmaterialien aus dem Feuerfestrecycling (Rezyklate) und Durchführung von Auflösungsversuchen im Labormaßstab mit umfangreichen Probenanalysen mittels mikroskopischer und spektroskopischer Methoden
  • Bewertung des Auflösungsverhaltens und der Auflösungsmechanismen bei der primären und sekundären Stahlerzeugung und -veredelung sowie Korrelation mit den chemischen Zusammensetzungen der verwendeten Schlackenzusätze
  • Potentiostatische Zellenanordnung für Routinemessungen der elektrischen Leitfähigkeit in geschmolzenen Schlacken unter Berücksichtigung geeigneter Elektrodenanordnungen, d.h. Arbeitselektrode, Referenzelektrode für verschiedene Metall/Metalloxid-Systeme
  • Programmierte Messungen innerhalb eines Frequenzbandes von etwa 1<f<100 kHz, um einen Teilbereich von Frequenzen zu ermitteln, in dem sich die Leitfähigkeit der Probe als frequenzunabhängig erweist
  • Viskositätsmessungen von Schlacken und Metallschmelzen in Abhängigkeit von der Temperatur bei konstanten Temperaturniveaus unterhalb und oberhalb der Liquidustemperaturen mit umfassender Gefügeanalyse und Berechnung des Feststoffanteils der untersuchten Schlacken in Abhängigkeit von der Temperatur mit FactSage®
  • Bestimmung der Bruchtemperatur von Schlacken durch eine kontinuierliche Viskositätsmessung bei kontinuierlicher Abkühlung mit fester Schergeschwindigkeit

Ergebnisse und Anwendung

Das Auflösungsverhalten von alternativen Schlackenbildnern, die Ca, Al, Mg, Fe und Si enthalten, wird beschrieben. Weitere Erkenntnisse über die geschwindigkeitsbestimmenden Prozesse bei der Auflösung von Feststoffpartikeln (z.B. schlackenbildende Zusatzstoffe) in Schlacken (Pfannen-, Konverter-, EAF-, Smelter-Schlacke) werden erwartet. Begleitende, aus FactSage® berechnete, thermodynamische Schlackendaten zur Beschreibung des Schlackenzustandes und der Phasenentwicklung sollten zur Verfügung gestellt werden.

Temperaturabhängige elektrische Leitfähigkeitsdaten für Stahlwerksschlacken und deren Korrelation mit Viskositätsdaten sollen ermittelt werden. Basierend auf einem voltametrischen Sensorkonzept wird eine schnelle Bestimmung des Eisen-Redoxverhältnisses in Stahlwerksschlacken durchgeführt und ein temperaturabhängiges Bewertungsverfahren für Eisenionen-Diffusionskoeffizienten in geschmolzenen Schlacken etabliert.

Umfassende temperaturabhängige Viskositätsdaten für Stahlwerksschlacken und Metallschmelzen werden erwartet. Eine begleitende Bestimmung des Feststoffanteils in Abhängigkeit von der Temperatur mit FactSage® soll durchgeführt werden. Der Einfluss von Kristallgröße und -form auf das nicht-newtonsche Verhalten soll geklärt werden.